Mittlerweile gibt es eine größere Anzahl von Betriebssystemen und Plattformen für mobile Endgeräte wie Smartphones und Tablets. Viele davon setzen davon auf einen Linux-Kernel. Android ist dabei die weltweit verbreitetste Plattform. Dieser Artikel geht grundsätzlich auf das Betriebssystem ein und somit weniger auf dessen Bedienung.
Android gehört mit über 900 Millionen aktivierten Geräten, zu dem am weitest verbreiteten Betriebssystem auf mobilen Endgeräten. Offiziell wird Android von der Open Handset Alliance entwickelt und voran getrieben.
Geschichtliches
Die Firma Android wurde ursprünglich von Andy Rubin im Jahr 2003 gegründet. Im Jahr 2005 erfolgte die Übernahme durch Google. 2007 fand die Gründung der „Open Handset Alliance“ statt, welche offiziell die Entwickler von Android ist. Die Open Handset Alliance ist ein Zusammenschluss einer Vielzahl von Firmen wie Netzbetreibern, Software-Firmen, Marketing-Unternehmen, Firmen aus der Halbleiterindustrie sowie diversen Geräte-Herstellern. Dieses Konsortium wird von Google geleitet, welches die Entwicklung von Android maßgeblich steuert und vorantreibt.
Die Android Version 1.0 wurde im September 2008 veröffentlicht. Die aktuellste Version ist 4.2.2 „Jelly Bean“, welche im November 2012 veröffentlicht wurde.
Android Open Source Project
Der offizielle Name des Open-Source-Projekts von Android lautet „Android Open Source Project“. Hierbei handelt es sich um „nacktes“ Android, welches von der Open Handset Alliance bzw. von Google entwickelt wird. Geräte-Hersteller sowie Interessierte finden dort die Quellen von Android sowie Anleitungen, wie der Code kompiliert und portiert werden kann.
Systemarchitektur
Android nutzt nicht einen gewöhnlichen Linux-Kernel sondern eine relativ stark modifizierte Version. Google hat dabei den Kernel soweit angepasst, dass dieser besser auf eingebetteten Geräten lauffähig ist, da der Standard-Linux-Kernel zu einer zu hohen Last führen würde.
Ursprünglich setzte man beim Kernel auf einen Version 2.6. Mittlerweile werden neuere angepasste Linux-Kernel verwendet, die bei vielen Geräten unterschiedlich sind. Beim Nexus 4 sowie beim Nexus 10 ist es beispielsweise der Linux-Kernel 3.4. Unter den Anpassungen an dem Kernel fallen Faktoren wie ein optimiertes Energie-Management oder die Ersetzung und Veränderung von verwendeten Treibern und Bibliotheken.
Der unter Android verwendete Linux-Kernel enthält dabei auch nur die Treiber, die für das entsprechende Gerät notwendig sind. Darunter fallen Treiber für Kamera, WLAN, Audio, Flashspeicher und für weitere vorhandene Hardware-Schnittstellen sowie einem speziellen Binder IPC.
Auf dem Linux-Kernel aufsetzend finden sich diverse Bibliotheken, darunter unter anderem SSL, SQLite, WebKit und einige weitere. Der Android-Kernel setzt im Gegensatz zum Linux-Kernel dabei nicht auf die C-Bibliothek Glibc sondern auf Googles Eigenentwicklung Bionic libc. Bionic libc wird speziell für Android von Google entwickelt. Es ist deutlich kleiner als Glibc, enthält allerdings deswegen auch deutlich weniger Funktionen. Bionic hingegen ist speziell an mobile Endgeräte sowie ARM-Prozessoren angepasst.
Android-Laufzeitumgebung
In der Android-Laufzeitumgebung befinden sich zum einen die Java Core Bibliotheken sowie die Dalvik Virtual Machine. Die Dalvik VM ist eine virtuelle Maschine, in der die Android Apps ausgeführt werden. Android Apps werden in der Regel in Java geschrieben. Andere Sprachen sind auch möglich, allerdings ist Java Androids Programmiersprache der Wahl, womit auch das Android Framework umgesetzt ist. Der programmierte Java-Code wird zuerst in Java Bytecode, also .class-Dateien kompiliert. Diese sind in diesem Schritt noch kompatibel mit der Java Virtual Machine (JVM). Im Anschluss folgt dann die Konvertierung von den .class-Dateien zu einer einzelnen .dex-Datei. Diese ist nicht nur komprimiert, sondern auch nur noch kompatibel zur Dalvik VM.
Die Dalvik VM wurde speziell für langsame Prozessoren angepasst. Besonders zum Entstehungszeitraum von Android waren die eingesetzten ARM-Prozessoren noch durchaus leistungsschwach, was heute vor allem im Hinblick auf die aktuellen High-End-Geräte nicht mehr ganz zutrifft. Das gleiche gilt für den Arbeitsspeicher, sodass Dalvik VM ursprünglich speziell an Geräten mit wenig Arbeitsspeicher ausgerichtet war. Der dritte und letzte Punkt ist, dass es auf Betriebssystemen laufen soll, die über keinen Swap-Speicher verfügen.
Application Framework
Androids Application Framework lässt sich in viele Teile gliedern. Darunter befindet sich unter anderem der Activity-, Window-, Package- und Notification-Manager.
Jede installierte Android App läuft im System als eigenständiger Nutzer und bekommt vom System eine eindeutige ID zugewiesen, die jedoch nicht von einer App abfragbar ist. Das System legt für jede App dabei die Zugriffsrechte im Dateisystem fest, sodass keine anderen Apps auf die Daten von anderen Apps zugreifen können. Eine App läuft stets in einem einzelnen Prozess, die in einer eigenen Dalvik VM läuft. Eine App kann dadurch nur auf seine eigenen Dateien zugreifen. Dies dient zur Sicherheit des gesamten Systems. Mit dazu gehören auch Zugriffe auf System-Komponenten, die standardmäßig nicht zugänglich sind. Gelockert wird dies durch Berechtigungen, die eine App „anmelden“ muss. Diese Berechtigungen müssen dabei explizit vom Benutzer, der die App installiert, abgenickt werden. Durch diesen Mechanismus, gewährt das System einer App Zugriffe auf diverse Inhalte vom System, etwa Zugriff auf das Internet oder auf Kontaktdaten aus dem Telefonbuch.
Eine einzelne App kann aus verschiedenen Unterkomponenten bestehen. Es gibt Activities, Services, Content Providers sowie Broadcast Receivers. Eine Activity ist simpel ausgedrückt ein „Bildschirm“, der graphische Bedienelemente beinhaltet. Eine App besteht häufig aus mehreren Activities. Bei der Kontakte-App wäre die Ansicht der Kontakte beispielsweise eine Activity, ebenso wie das Anzeigen von Informationen zu einem einzelnen Kontakt.
Eine weitere Komponente einer App ist ein Service. Ein Service läuft stets im Hintergrund und hat keine graphische Oberfläche. Es ist dafür gedacht, Tätigkeiten auszuführen, die nicht zwingend an eine Activity gebunden sind, etwa das Abrufen von E-Mails im Hintergrund oder das Abspielen von Musik.
Ein Content Provider ist ein verteilter Speicher für verschiedene Anwendungen. Eine App kann dabei einen Content Provider zur Verfügung stellen, an dem dann mehrere Apps ihre Dateien sowohl abrufen als auch modifizieren können.
Ein Broadcast Receiver lauscht auf Broadcast-Nachrichten vom System. Eine Broadcast-Nachricht ist eine Nachricht, die vom System ausgelöst wird und allen Apps auf dem Android-Gerät zur Verfügung stehen, auf denen eine App reagieren kann. Wenn die Kamera-App ein Foto geschossen hat, dann wird beispielsweise eine Broadcast-Nachricht gesendet. Alternativ gibt es auch eine Broadcast-Nachricht, wenn das System vollständig hochgefahren ist.
Android besitzt ein interessantes Feature, um Komponenten von anderen Apps zu starten oder auch Daten von einer App zur nächsten App zu senden. Dies nennt sich „Intent“. Ein Intent ist eine „Absicht“, um eine bestimmte Aktion auszuführen. Intents werden sowohl innerhalb von Apps genutzt als auch als Kommunikationsmittel zu anderen Apps. Dadurch ergeben sich sehr gute und einfache Möglichkeiten Daten in einer App bzw. zwischen Apps zu transportieren. Beispielsweise kann eine App einen Button zum Hinzufügen von Kalender-Einträgen implementieren. Dieser startet durch einen Intent die Activity der Kalendar-App. Intern erzeugt dabei das System einen neuen Prozess für die zu startende App, sofern sie sich nicht schon im Speicher befindet.
Lizenzen
Das Android Open Source Project (kurz AOSP) nutzt maßgeblich die Apache License 2.0. Davon ausgenommen sind unter anderem Kernel-Patches, diese stehen unter der GPLv2. Jede Person, die an der Entwicklung von Android teilnehmen möchte, muss zuvor, dem „Contributor License Agreement“ zustimmen.
Die Änderungen am Linux-Kernel erfolgt öffentlich, sodass man die Entwicklung des AOSP-Kernels stets auf dem Blick haben kann. Anders sieht es wiederum mit dem restlichen Sourcecode aus, welchen Google unter der Apache License 2.0 stellt. Dieser wird stets hinter Googles verschlossenen Türen entwickelt und erst mit Freigabe einer neuen Version veröffentlicht. Das Verfahren wurde beim Release von Android 3.0 „Honeycomb” allerdings eine Weile ausgesetzt, sodass dessen Sourcecode-Veröffentlichung erst mit der Veröffentlichung von Android 4.0 erfolgte. Google erntete aus Seiten der Open-Source-Community durch dieses Verhalten enorme Kritik, da dies nicht für die Freiheit von Android sprach. Zu den Kritikern gehörte unter anderem Richard Stallman.
Nicht alles, was auf einem gängigen Android-Gerät standardmäßig installiert ist, ist Open Source. Vor allem die Google Apps stehen nicht unter einer Open-Source-Lizenz und sind definitiv Closed Source. Darunter fallen unter anderem GMail, Google Maps oder auch der Google Play Store samt Google Play Services.
Android-Derivate
Es gibt diverse Android-Derivate, die hauptsächlich als ROMs bezeichnet werden. Der wohl bekannteste Vertreter ist dabei wohl Cyanogenmod.
Cyanogenmod ist ein Android-Derivat, welches maßgeblich von Steve Kondik, auch als „Cyanogen“ bekannt, initiiert wurde. Mittlerweile gehört Cyanogenmod zu den am meist genutzten Android Derivaten. Laut Aussagen des Projekts, ist es auf über 5 Millionen Geräten installiert. Die Palette an Geräten, auf denen Cyanogenmod lauffähig ist, ist riesig. Die Entwickler ergänzen nach eigenen Ermessen diverse Funktionen und machen die Nutzung dieser Features verfügbar. Insbesondere bietet Cyanogenmod häufig auch aktuellere Android-Versionen an, als es standardmäßig für ein Gerät gibt. Für die Nutzer bietet Cyanogenmod und andere ROMs die einzige Alternative, wenn Geräte von Hardware-Herstellern nicht mehr mit neueren Android-Versionen versorgt werden.
„Replicant“ ist ein weiteres Android-Derivat, welches im Vergleich zu Cyanogenmod allerdings den vollen Fokus auf den Open-Source-Gedanken setzt. Da ein Android-Gerät sehr viele verschiedene Hardware-Sensoren und Schnittstellen besitzt, braucht jeder/jede davon ihre eigenen Treiber. Viele Hardware-Hersteller liefern dabei die Treiber lediglich im binären Format aus, sodass sie nicht unter einer Open-Source-Lizenz stehen. Das Projekt Replicant ist hingegen vollständig Open Source, was ebenfalls das Ziel des Projektes ist.
Neben den oben genannten Android-Derivaten gibt es noch zahlreiche weitere. Die Anzahl an Derivaten lässt sich kaum überblicken, da viele davon lediglich auf einzelnen Geräten lauffähig ist.
Google Play
Unter dem Namen „Google Play“ fasst Google seit 2012 viele seiner Dienste zusammen. Darunter den „Google Play Store“, der bis März 2012 noch „Android Market“ hieß, in dem der Vertrieb von Apps lief. Seitdem sind noch einige Dienste hinzugefügt worden, etwa Google Music, Google Movies und Google Books.
Etwas, was dem Endanwender verborgen bleibt, ist der Dienst „Google Play Services“. Hier bündelt Google diverse Programmierschnittstellen zu Google Maps, Google+ und weiteren Google-Diensten. Entwickler können mit den Google Play Services rund um die Google-Dienste Apps bilden, etwa die Verwendung von Google Maps innerhalb eigener Applikationen. Die Programmierschnittstellen aus den Google Play Services laufen auf einer breiten Masse an Android-Versionen, somit sind Features nicht an eine spezielle Android-Version gebunden.
Alle Dienste unter dem Dach von Google Play stehen ebenfalls nicht unter einer Open-Source-Lizenz. Es gibt einige Apps, welche die Schnittstellen von Google Play Services nutzen. Nachteilig ist hierbei, dass die Google Play Services eben nur auf Geräten funktionieren, die auch die Google Play Services installiert haben. Dies sind in der Regel alle auf dem Markt erhältlichen Android-Geräte. Eine Ausnahme ist das Amazon Kindle Fire. Das Tablet von Amazon nutzt zwar selbst Android, allerdings hat Amazon das System stark modifiziert und kommt ohne den Google Play Store und somit auch ohne die Google Play Services aus. Auch andere Android-Derivate, die nicht die Google-Dienste installiert haben, können dann die Apps nicht nutzen, welche die Programmierschnittstellen der Google Play Services nutzen.
Nutzer, die Apps installieren wollen, sind dabei stets auf den Google Play Store angewiesen, wofür eine explizite Registrierung bei Google notwendig ist. Anwender, die zwar Android nutzen möchten, allerdings freie Apps nutzen wollen, können sich als Alternative Apps über F-Droid installieren. Dort finden sich lediglich Apps, die unter einer Open-Source-Lizenz stehen.
Aktualisierungen
Ein wichtiges Thema bei Android sind die Aktualisierungen der Geräte. Das Problem hierbei ist, dass Google häufig ein oder zwei neue Android-Versionen pro Jahr veröffentlicht, diese erreichen allerdings immer sehr spät die breite Masse an Benutzern. Googles Nexus-Geräte sind dabei die einzigen Geräte, die von Google direkt mit Aktualisierungen versorgt werden, und das meist schon einige Wochen nach der Vorstellung einer neuen Version. Die Nexus-Geräte sind dabei Googles Referenzgeräte bezüglich „nacktem“ Android, da sie ohne jegliche Modifikationen erscheinen. Anders sieht es bei Geräten von den gängigen Hardware-Herstellern aus. Diese statten ihre Geräte in der Regel mit einer eigenen Oberfläche aus. Samsungs Oberfläche heißt Touchwiz, die von HTC nennt sich Sense. Die Oberflächen greifen dabei häufig sehr tief in das Gerät ein, sodass eine Aktualisierung auf eine neue Android-Version durchaus länger dauert. Zudem kommen dort noch einige weitere betriebswirtschaftliche Faktoren hinzu, weshalb eine Aktualisierung sechs Monate oder gar länger dauern kann.
Monat um Monat veröffentlicht Google eine Statistik für App-Entwickler, die aussagt, welche Version wie häufig genutzt wird. Jeder Zugriff eines Nutzers auf den Google Play Store wird von Google protokolliert, um diese Statistik zu ermitteln. Im Juni 2013 verwendeten so lediglich 4% aller Android-Geräte die neueste Version 4.2. Obwohl die Version bereits im November 2012 erschien, haben viele Geräte-Hersteller noch keine Aktualisierung ausgeliefert. Für einen Großteil der aktuell am Markt befindlichen Geräte wird es vermutlich auch gar keine Aktualisierung auf 4.2 geben. Den größten Anteil einer einzelnen Version macht Version 2.3 mit immer noch 36% aus.
Kritik
Aus Open-Source-Sicht ist Android sowohl Fluch als auch Segen. Android basiert zwar auf Open-Source-Code und steht eben auch unter einer Open-Source-Lizenz, allerdings sind viele Dienste um Android herum weder Open Source, noch verfolgen diese einen Open-Source-Gedanken. Zudem wird Android hinter verschlossenen Türen entwickelt und maßgeblich von Google geführt.
Google hat es wiederum geschafft ein Open-Source-Projekt auf Millionen von Geräten zu bringen, die mit einem angepassten Linux-Kernel laufen. Die Änderungen fließen dabei teilweise auch wieder zurück in den Kernel. Android ist für Endanwender in der Regel nicht völlig frei, doch gibt es Möglichkeiten ein Android-Gerät zu nutzen, welche mit sehr viel Freier Software arbeitet.