Ein neues offenes System auf dem Markt für Smartphones ist Firefox OS. Das System setzt dabei größtenteils auf die neuesten Web-Technologien. Im April 2013 erschienen mit dem Geeksphone Keon und Peak die ersten Entwickler-Geräte mit Firefox OS.

Geschichtliches

Der App-Launcher von FirefoxOS

Im Juli 2011 gab es erstmal die Ankündigung von Firefox OS durch Andreas Gal von der Mozilla Foundation. Damals erfolgte die Ankündigung sowie die Entwicklung unter dem Projektnamen „Boot to Gecko“ (B2G). Das wichtigste Merkmal ist, dass es fast ausschließlich auf die neuesten Web-Technologien aufbauen soll. Die Entwicklung soll dabei von vornherein komplett offen stattfinden, sodass interessierte Personen stets die Entwicklung beobachten und auch etwas dazu beisteuern können. Dies ist etwas, was beispielsweise bei Android nicht möglich ist, da dies hinter verschlossenen Türen entwickelt und erst veröffentlicht wird, wenn eine neue Version fertig ist.

Die Apps füre Firefox OS soll dabei ebenfalls mit Web-Technologien aufgebaut sein, sodass App-Entwickler mit HTML5, CSS3 und JavaScript Apps programmieren und damit auf Hardware-Elemente des Gerätes zugreifen können. Es wurde zudem betont, dass die Apps keinerlei Nachteile zu konventionellen Apps wie unter iOS oder Android haben sollen.

Unter der Haube

Unter der Haube von Firefox OS befinden sich insgesamt drei wichtige Komponenten. Die Namen lauten Gonk, Gecko und Gaia.

Gonk

Gonk ist simpel ausgedrückt die Linux-Distribution von Firefox OS, welches nur die wesentlichen Dienste enthält. Gonk besteht aus dem Linux-Kernel und einem Hardware Abstraction Layer (HAL). Der Kernel sowie einige Bibliotheken sind dabei gängige Open-Source-Projekte, wie libusb und bluez. Einige Teile des Hardware Abstraction Layers stammen dabei aus dem Android-Projekt, darunter unter anderem GPS und die Kamera. Gonk ist darauf abgestimmt, dass Gecko darauf läuft. Gecko hat dabei direkten Zugang zum vollen Telefon-Stack sowie zum Framebuffer.

Auch das Wechseln zwischen Apps ist möglich, wenn man die Home-Taste gedrückt hält.

Gonk nutzt den Kernel des „Android Open Source Project“. Auf der Wiki-Seite von Mozilla schreiben sie selbst, dass der Kernel im Vergleich zum Upstream-Linux-Kernel nur leicht modifiziert ist.

Gecko

Die Laufzeitumgebung von Apps ist „Gecko“. Gecko implementiert die offenen Web-Standards für HTML, CSS und JavaScript. Es beinhaltet zudem einen Netzwerk- und Grafik-Stack sowie eine Layout-Engine und eine virtuelle Maschine zum Ausführen von JavaScript-Code.

Gaia

Gaia ist der Name der Benutzer-Oberfläche von Firefox OS. Alles was auf dem Bildschirm eines Gerätes dargestellt wird, ist Bestandteil von Gaia. Hierzu zählen der Lock-Screen, der Home-Screen sowie die vorinstallierten Anwendungen, darunter die Telefon-, Kamera- und Kalender-App. Gaia ist komplett in HTML, CSS und JavaScript geschrieben und läuft unter Gecko.

Die Kommunikation mit dem Betriebssystem ist vollständig über offene Web-Programmierschnittstellen umgesetzt, welche auch auf anderen Betriebssystemem und Web-Browsern laufen könnten. Alle Apps von Drittanbietern laufen dabei neben Gaia.

Bedienung und Look & Feel

Beim Start eines Gerätes mit Firefox OS erscheint nach einem Bootsplash mit einem Mozilla-Logo der App-Launcher. Der App-Launcher hat größere Ähnlichkeiten zu den Standard-App-Launchern von Android und iOS.

Eine Web-Suche lässt sich durchführen oder man kann mobile Webseiten besuchen

Insgesamt besteht das System standardmäßig aus vier Home-Screens. Nach dem Start erscheint einer der Home-Screens, welche lediglich die Uhrzeit sowie das aktuelle Datum anzeigt. Am unteren Rand befinden sich vier kreisrunde App-Icons. Konkret sind dies die Telefon-, SMS-, Kontakte- und Browser-App. Die untere App-Leiste ist dabei permanent auf dreien der vier Home-Screens aktiv. Der Start-Home-Screen befindet sich auf der zweiten Position. Die ungefähre Position erkennt man zudem am oberen Rand, wo ein schmaler orangefarbener Balken eingeblendet ist. Auf den weiteren zwei Home-Screens befinden sich lediglich App-Launcher, welche zum Starten von Apps dienen. Eine Kamera-App ist genauso vorinstalliert wie eine E-Mail-, Musik- und Galerie-App.

Wenn man nach ganz links wischt, erscheint der letzte Home-Screen. Dort befindet sich neben einer Suche auch noch diverse Kategorien, über denen man Apps starten kann, die keineswegs installiert werden müssen. In der Regel sind die dort enthaltenen Apps mobile Webseiten, beispielsweise von YouTube oder Twitter, die man auch über einen gängigen mobilen Browser auch auf anderen Plattformen aufrufen kann.

Die graphische Oberfläche von Firefox OS besitzt zudem noch einen Bereich für Benachrichtigungen. Wie auch unter Android, erreicht man diese durch das Herunterziehen der Benachrichtigungsleiste. Der Benachrichtigungsbereich ist halbtransparent und zeigt die Benachrichtungen untereinander an. Die Benachrichtigungen verschwinden in der Regel nach dem Klick auf diese oder durch die Benutzung des Buttons “Clear all”, welche alle vorhandenen Benachrichtigungen verbirgt.

Im Benachrichtigungsbereich sitzen nicht nur die Benachrichtigungen, sondern auch eine Leiste mit Buttons, um diverse Hardware-Komponenten zu aktivieren oder deaktivieren, wie etwa dem WLAN, Mobilfunk, GPS, Bluetooth oder dem Flugzeugmodus. Zusätzlich gibt es dort noch einen Button, um in die Einstellungen zu gelangen.

Lock-Screen

Der Lock-Screen ist schlicht gehalten und sieht standardmäßig genauso aus wie der Home-Screen. Vom Lock-Screen aus kann man entweder direkt die Kamera-App öffnen oder alternativ das Gerät entsperren. In den Einstellungen kann man zusätzlich festlegen, ob Benachrichtigungen auf dem Lock-Screen dargestellt werden sollen.

Der Lock-Screen

Einstellungen

In den Einstellungen lassen sich viele gängige Dinge einstellen. Besonderheiten, die nicht von anderen mobilen Plattformen bekannt sind, findet man dort auch. Die wohl herausragendste Eigenschaft von Firefox OS ist wohl, dass man einzelnen Apps die Rechte zu bestimmten Hardware-Schnittstellen entziehen kann. Dies ist beispielsweise unter Android und iOS gar nicht möglich. Entweder installiert man sich auf diesen Plattformen die Apps mit den geforderten Rechten oder man installiert sie sich nicht. Bei Firefox OS gibt es daher eine größere und bessere Möglichkeit Apps ihre Rechte zu entziehen. Diverse Apps fragen beispielsweise nach der aktuellen geographischen Position. Standardmäßig fragt Firefox OS den Nutzer, ob man der App diese Rechte gibt. Dies kann man akzeptieren oder eben ablehnen. Je nach App kann man folglich nicht alle Funktionalitäten nutzen, wenn man spezielle Rechte wegnimmt. Eine Navigations-App macht ohne Zugriff auf die Geolokalisierung schließlich wenig Sinn.

Apps

Unter Firefox OS gibt es zwei verschiedene Arten an Apps. Jeder Nutzer kann sich ziemlich einfach eine mobile Webseite als „App“ installieren. Letztendlich ist es ein einfache Verknüpfung auf eine mobile Webseite. Dazu reicht es, eine Webseite zu besuchen, etwa die mobile Seite von Twitter, und dann dort den Sternchen-Button zu drücken. Entweder kann man dann einen Bookmark im Browser hinzufügen oder man kann einen Launcher auf den Home-Screen hinzufügen. Wenn man nun den App-Launcher auf dem Home-Screen betätigt, startet der Firefox-Browser und zeigt die mobile Webseite an. Es fühlt sich dabei wie eine echte App an. Diese Art von Apps nennen sich „Hosted Apps“.

Der Benachrichtigungsbereich

Die zweite Art ist die Möglichkeit „echte“ Apps zu installieren. Dazu gibt es den „Marketplace“, aus dem man sich Apps installieren kann. Aktuell ist das Angebot von Apps übersichtlich. Da es sich um eine neue Plattform handelt, ist dies nachvollziehbar. Nennenswerte Apps sind Twitter, Wikipedia, Facebook oder auch Nokias Maps-App „HERE Maps“. Letztgenannte ist sogar vorinstalliert. Der Unterschied hierbei ist, dass die Apps über dem Marketplace „Packaged Apps“ sind. „Packaged Apps“ sind Pakete, in denen die HTML-, CSS- und JavaScript-Dateien enthalten sind. Aktualisierungen der Apps werden über den Marketplace angeboten und verteilt.

Packaged Apps werden vor der Veröffentlichung im Marketplace zuvor geprüft. Im Gegensatz zu den sogenannten Hosted Apps, die oben bereits beschrieben wurden, bieten Packaged Apps eine höhere Sicherheit. Zudem lassen sich hierbei die Berechtigungen der App konfigurieren, was bei Hosted Apps nicht möglich ist. Die Funktionalität einer Hosted App sowie einer Packaged App ist dabei nahezu gleich. Beim Look und Feel von den Twitter-Apps merkt man an sich keinen Unterschied. Das gleiche gilt auch für die enthaltenen Funktionen.

Firefox OS ausprobieren

Um Firefox OS auszuprobieren, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Zuerst sei genannt, dass man sich eines der Entwickler-Geräte vom spanischen Hersteller Geeksphone kaufen kann. Das günstigere und schwächere Geeksphone Keon kostet 91€ während das größere und leistungsfähigere Geeksphone Peak 149€ kostet. Das Keon besitzt einen 1 Ghz starken Qualcomm Snapdragon-Prozessor mit 512 MB RAM sowie einem 4 GB großen ROM. Das Display ist 3,5 Zoll groß.

Eine Kalender-App ist vorinstalliert

Das Peak ist mit einem 1,2 Ghz starken Dual-Core Qualcomm Snapdragon-S4-Prozessor ausgestattet und kommt ebenfalls mit 512 MB RAM sowie einem 4 GB großen ROM. Das Display ist bei diesem Modell 4,3 Zoll groß.

Das Problem an diesen beiden Geräten ist allerdings, dass es kurz nach Verkaufsstart bereits ausverkauft war. Zum Zeitpunkt des Artikels (Anfang Juni 2013) waren beide Geräte weiterhin ausverkauft.

Andere Hersteller planen ebenfalls die Herstellung von Firefox OS-Smartphones, darunter Alcatel und ZTE. Auf der Computex gab Foxconn bekannt, dass diese ebenfalls Geräte mit Firefox OS auf den Markt bringen wollen, darunter auch ein Tablet.

Wer allerdings nicht warten will oder kein Geld ausgeben möchte, um Firefox OS auszuprobieren, der kann auch eine ROM auf einem Android-Smartphone installieren. Einige ROMs findet man unter anderem im Forum von xda-developers.com. Ich selbst habe dabei Firefox OS auf meinem Samsung Nexus S installiert und ausprobiert. Dafür gab es in einem Foren-Thread eine funktionsfähige Anleitung.

Die letzte Methode, Firefox OS zu testen, ist wohl die einfachste. Zunächst muss ein installierter Firefox-Browser zur Verfügung stehen. Im Anschluss kann man sich den Firefox OS Simulator als Plug-in installieren. Das Plug-in ist etwa 70 MB groß. Der Firefox OS Simulator ist schnell installiert und man bekommt einen guten Überblick über das System. Der Simulator läuft soweit sehr flüssig und lässt sich gut bedienen. Ein Nachteil ist, dass es zu einen relativ hohen Prozessor-Auslastung auf dem Rechner führt. Zudem ist die Kamera-App funktionslos, da ja keine Kamera vorhanden ist.

Fazit

Firefox OS ist ein weiteres mobiles System auf Linux-Basis, welches gut auf schwächeren Geräten läuft und zudem frei ist. Im Vergleich zu Android ist es deutlich freier, da man durch das Zurückziehen von Berechtigungen standardmäßig viel mehr Macht hat. Durch den Einsatz von Web-Technologien ist es für App-Entwickler einfach möglich Apps zu programmieren oder zu portieren.

Der Marktstart für Endanwender ist für Ende 2013 geplant. Hierbei erscheinen die Geräte zunächst in den Ländern Brasilien, Polen, Spanien und Venezuela. Ab 2014 dürften dann auch Geräte mit Firefox OS auf dem deutschen Markt verfügbar sein.

Die Mozilla Foundation steht bereits jetzt mit vielen großen Partner-Firmen in Kontakt, welche die Entwicklung von Firefox OS unterstützen. Darunter die großen Telekommunikationsunternehmen wie Telefonica, die Deutsche Telekom oder Sprint.

Das System macht schon jetzt einen guten Eindruck. Von der Bedienung her werden keine neuen Akzente gesetzt. Die möglichen Nachteile des Systems werden sich wohl nach und nach zeigen.